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05.07.2021
Bereich: Medizin

Nach Corona-Isolierung jetzt wieder „geistig vor die Türe treten“


Furth im Wald/Bad Füssing – Die Corona-Infektionszahlen gehen zurück. Sinkende Inzidenzen bedeuten jedoch noch lange kein Verschwinden von Corona und den Folgen, die diese Pandemie in den Köpfen vieler Menschen verursachte. Studien aus den USA und Großbritannien zeigen: Jeder dritte Corona-Patient leidet in Folge an neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen. Aber auch bei Menschen ohne Corona-Infektion verursachen mangelnde soziale Kontakte während der Lockdowns im Fühlen, Empfinden und Denken oft gravierende Spätfolgen, sagt Professor Dr. Reinhart Schüppel. Der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist Chefarzt der Johannesbad Fachklink in Furth im Wald, der größten stationären Einrichtung für Suchterkrankungen in Bayern. 

Die anhaltend sinkenden Inzidenzen sind auch für den Mediziner Professor Schüppel eine durch und durch positive Botschaft. Aber klar ist für ihn auch, dass dies noch kein Verschwinden von Corona und allen damit verbundenen Folgen aus psychologischer Sicht bedeutet. Denn für die meisten Menschen gilt trotz Abklingen der Infektionszahlen: In ihrer Gefühlswelt ist längst noch nicht alles wieder gut, sagt Professor Schüppel.

Auch Studien aus den USA und in Großbritannien zeigen als gravierende Nebenwirkungen der Pandemie eine starke Zunahme von Depressionen und Angststörungen. Rückblickend auf die drei bisherigen Wellen steht für ihn fest: „Einen so dramatischen Eingriff in das persönliche Leben der gesamten Bevölkerung hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben, was zur Folge hat: Stress, erst mit voller Wucht akut, dann chronisch, sehr intensiv und ebenso hartnäckig“, so Professor Schüppel.

 

 

Über Pandemiegewinner, Protestler bis erschöpfter Resignation

Nicht alle waren davon in gleichem Maße betroffen und es gibt sogar eine kleine Gruppe von „Pandemiegewinnern“. Nicht aus ökonomischer Sicht, sondern Menschen, die in ihrem sozialen Kontext eher zurückhaltend bis ängstlich agieren, waren nämlich deutlich entlastet. Denn „Lockdown“ fühlte sich für sie nicht so sehr als „nichts mehr dürfen“, sondern eher als „nicht mehr verpflichtet sein“ an. Außerdem blieben die Einschränkungen in einem Eigenheim mit Garten, in sicherer beruflicher Position und getragen von einem gut funktionierenden sozialen Netzwerk auch für andere noch in einem bewältigbaren Rahmen. Doch die Angst vor einer Infektion, eine tatsächlich durchgemachte Covid-19-Erkrankung oder Quarantäne konnten jeden treffen.

Aus medizinischer Sicht nennt man den Umgang mit einer Belastung Coping-Strategie, wobei für Professor Schüppel drei Muster besonders auffallend zu beobachten waren. Am häufigsten – „so gut wie möglich durchkommen“. Gemeint sind damit die Menschen, die ihr Leben in erstaunlich kurzer Zeit umorganisiert hatten. Die Unlogik vieler Maßnahmen wurde von ihnen mit Gelassenheit und  auch der einen oder anderen Regelübertretung hingenommen – in Summe aber bemühten sie sich, ihrem Leben einen gewohnten Rhythmus und Struktur zu geben.

Den zweiten Modus beschreibt er als Protest. Das musste nicht unbedingt die Teilnahme an Demonstrationen sein, die illegale Party war ebenso dabei wie der beruflich organisierte Widerstand gegen existenzbedrohende Maßnahmen. Und nicht zuletzt die dritte Reaktionsform, die insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Dauer des Lockdowns deutlich zunahm: erschöpfte Resignation. Vor allem psychisch Vorerkrankte und gleich mehrfach von Restriktionen Betroffene gerieten dabei in eine Art wache Dauermüdigkeit. Vergleichbar mit einem Leben, das sich hinter eine Milchglasscheibe abspielt. Besonders zum Tragen kamen dabei die lange fehlende Zukunftsperspektive, die sich wiederholenden Apelle zum nochmals und nochmals kurzem Durchhalten bis zum erhofften großen Durchbruch, die mit zunehmender Dauer nicht mehr als Hilfe, sondern eher als Zynismus wahrgenommen wurden. Für den Psychologen Schüppel hängt deshalb in den kommenden Wochen viel davon ab, dass die dritte Welle weiter abebbt und mehr noch, mit welchem Energielevel wir welche Ziele verfolgen können.

 

Trotz sinkender Infektionszahlen: Menschen verharren in ihrem „Gefühlskäfig“

Denn wenn die Stresshypothese zutrifft, werden einige trotz der berühmten Lockerungen ganz einfach in ihren „Käfigen“ sitzen bleiben, obwohl die Türe weit geöffnet ist. Eine gute Gelegenheit sich darüber klar zu werden, welche Bedeutung echter Schutz besitzt. Danach klappt vielleicht schon mal ein erster Schritt aus der Tür.

Und er weiß: „Bei einem solchen chronischen Stress schaltet der Organismus auf ‚Lebenserhaltung‘ um, zulasten von ‚Wartung und Instandhaltung‘. Gerade deshalb lohne sich jetzt ein besonderer Blick auf eingeschlichene Ess- und Trinkgewohnheiten, auf körperliche Fitness und ganz besonders auf die sozialen Kontakte. Denn, so der Ratschlag des Further Klinikchefs: „Wer hier mit sich selbst und anderen achtsam umgeht, fördert das Wichtigste was jetzt ansteht: Regeneration.“

Mit Blick auf die Zukunft ist er sich sicher, dass uns das Corona-Virus erhalten bleiben und sich immer wieder neue „Kopierstellen“ suchen wird. Aber auch, dass Menschen mit zunehmender Routine dazu in der Lage sind, auf diese Situationen klug zu reagieren. Dazu zählen die längst gelernte Zeitbegrenzung von Kontakten, das Tragen von Masken, Räume zu lüften sowie die Verlagerung von so vielen Aktivitäten wie möglich. Mindestens genauso wichtig aber wird das Mitdenken sein. „Denn“, so Schüppel, „das Virus liest keine Infektionsschutzverordnung und deshalb ist es immer auch im wörtlichen Sinne gut zu wissen, woher der Wind weht.“ Aus seiner Sicht ist es ein weiterer wichtiger Schritt, die Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen.

Testen und Impfen: Konzentration auf die Gruppe der Unentschlossenen

Ein interessantes Verhaltensmuster zeige sich auch bei den betrieblichen Test- und Impfangeboten. Immer nimmt etwa die Hälfte diese Möglichkeit an, die anderen 50 Prozent nicht. Gibt es also genauso viele Einsichtige wie Ignoranten? Oder kommen die Impf- und Testskeptiker gar auf Kosten der Übrigen vielleicht sogar auch so ganz gut durch? Laut Professor Schüppel gibt es aus psychologischer Sicht eher eine Dreiteilung. Und die resultiere aus langfristigen Überzeugungen. Und so paradox es auch klingen mag, sowohl die Gruppe, die sich „selbstverständlich“ dazu bekennt, wie auch die Gegnerschaft mit ihrer Haltung „unter gar keinen Umständen“ ist davon überzeugt, dass nur so wieder oder noch die Kontrolle über das eigene Leben gewonnen respektive behalten werden kann.

Überzeugungsarbeit sei hier nur begrenzt notwendig bzw. erfolgreich, weshalb aus seiner Sicht das Augenmerk der dritten Gruppe gelten sollte: den Unentschlossenen. In ihren Köpfen halle das Echo der Debatten und mit großer Wahrscheinlichkeit reagiert eben diese Gruppe am sensibelsten auf externe Effekte, wie etwa den heiß diskutierten Vergünstigungen.

Sein Fazit: In der aktuellen Übergangsphase lohnt sich die Analyse der persönlichen Stärken und Schwächen, die nicht nur passiv durch die drei Wellen mitgewandert sind, sondern sich in ihnen auch verändert haben. Das aktuelle Energieniveau und die Möglichkeiten zur Regeneration verhelfen dann zu einem Durchstarten, um mit klug getroffenen Entscheidungen wichtige Ziele zu erreichen und damit gute Chancen für jeden, „aus der inneren und äußeren Isolierung heraus auch geistig wieder vor die Tür zu treten“.

Service:

Nach Corona: „Stärken und Schwächen analysieren“

Der Ratschlag des Further Klinikchefs an die Bürger in Zeiten der abklingenden Pandemie: „Zeit nehmen, um die eigenen durch Corona veränderten persönlichen Stärken und Schwächen zu analysieren.“ Eine kritische Betrachtung eigener, eingefahrener Lebensgewohnheiten bis hin zum bewussteren Essen und Trinken, die Pflege der körperlichen Fitness und vor allem auch Stärkung der sozialen Kontakte seien der Schlüssel zur schnellen Regeneration von Geist und Körper nach den Belastungen durch Corona. 

 

Zur Person:  Professor Dr. Reinhart Schüppel

Prof. Dr. med. Reinhart Schüppel, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Facharzt für Innere Medizin, Sozialmedizin, Naturheilverfahren, ist Chefarzt der auf Suchterkrankungen spezialisierten Johannesbad Fachklinik Furth im Wald. Er leitet dort das Therapiezentrum für Abhängigkeitserkrankungen, das auch psychiatrische und psychosomatische Folge- und Begleiterkrankungen behandelt. Professor Schüppel ist als Experte regelmäßig in Radio und Fernsehen zu Gast, unter anderem im ZDF und im Bayerischen Rundfunk. 

Interviewwünsche: Hinweis für Redaktionen

Ergänzend zu diesem Text steht Ihnen Chefarzt Professor Dr. Reinhart Schüppel gern für Interviews zu diesem aktuellen Thema zur Verfügung. Ihre Anfragen richten Sie bitte an Herrn Rolf Herzog, Leiter Unternehmenskommunikation der Johannesbad Gruppe. Sie erreichen ihn telefonisch unter 08531 23-2875 und per Mail an rolf.herzog@johannesbad.com.

Auch bei Menschen ohne Corona-Infektion verursachen mangelnde soziale Kontakte während der Lockdowns im Fühlen, Empfinden und Denken oft gravierende Spätfolgen, sagt Professor Dr. Reinhart Schüppel. Der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist Chefarzt der Johannesbad Fachklink in Furth im Wald, der größten stationären Einrichtung für Suchterkrankungen in Bayern. Foto: Johannesbad Gruppe

Prof. Dr. med. Reinhart Schüppel ist Chefarzt der auf Suchterkrankungen spezialisierten Johannesbad Fachklinik Furth im Wald. Foto: Johannesbad Gruppe


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